Zum Hauptinhalt springen
Schlosskomödie

OLLAPOTRIDA

ALEXANDER LERNET-HOLENIA

Premiere: 18.07.2019

Schloss Porcia, Spittal/Drau

Willkommen, meine Damen und Herren, beim europäisch-humoristischen Kochkurs! Wir beschäftigen uns mit Ollapotrida (spanisch: Mischmasch), einem Eintopf. 

Bei unserem Rezept handelt es sich um eine altösterreichische Abwandlung: Liebeseintopf. Zutaten: Verirrungen, Verwick-lungen, Vertuschungen, Verleugnungen, Verdrängungen. Wer hat mit wem ein wie auch immer geartetes Verhältnis? Wer versteckt wen? Wer kommt jetzt um Gottes Willen wieder zur Tür herein? Ein typisch österreichisches Stück, in dem mit Feinsinn, Stil und Lust gezeigt wird, wie wir uns mit Lust durchschwindeln, um uns an der Lust heimlich zu laben, bis sie uns langweilt, wir sie loswerden wollen und uns in der nächsten Lust lustvoll verwickeln. All das beschäftigt uns so sehr, dass wir wunderbar wegschauen können, uns selbst etwas vormachen und uns etwas vormachen lassen, um sicher der Wahrheit nicht ins Auge sehen zu müssen. 

BESETZUNG

Mit: Clara Diemling, Paul Graf, Michael Köhler, Angelica Ladurner, Günter Lieder, Walter Ludwig, Markus Tavakoli, Julia Urban, Reinhardt Winter

Regie: Mercedes Echerer

Assistenz: Johanna Ortner

Ausstattung: Natascha Maraval, Nina Ball 

Musik: Paul Neidhart

ALEXANDER LERNET-HOLENIA

Alexander Lernet-Holenia wird am 21. Oktober 1897 als Alexander Marie Norbert Lernet in Wien geboren. Da seine Mutter Sidonie Boyneburgk-Stettfeld, geb. Holenia, erst kurz vor seiner Geburt den k.u.k. Schiffahrtsleutnant Alexander Lernet heiratet und die Ehe auch bald darauf wieder geschieden wird, wird der Schriftsteller Zeit seines Lebens immer wieder mit Spekulationen über seine Vaterschaft beschäftig sein. 

Eine These darüber, dass sein leiblicher Vater aus dem österreichischen Adel stamme, spiegelt sich in Lernet-Holenias Werken wiederholt in Themen wie dem Ich-Verlust, dem Schicksal des österreichischen Adels im untergehenden Kaiserreich, Doppelleben, etc. wider. 

Die Adoption durch die Familie seiner Mutter – eine wohlhabende Familie aus Kärnten – 1920 bringt ihm den Doppelnamen Lernet-Holenia. 

Er inskribiert sich nach der Schule für Rechtswissenschaften an der Universität Wien, meldet sich aber 1915 als Kriegsfreiwilliger. Als Dragoner kommt er an die russische Front in Galizien. Eines der Gedichte, die er in den Jahren von 1916-1919 verfasst, schickt er an Rainer Maria Rilke und 1921 erscheint sein erster Gedichtband, der stark von Rilke beeinflusst ist und die Aufmerksamkeit und Anerkennung Hermann Bahrs und Hugo von Hofmannsthals nach sich zieht. 

1925 wendet er sich mit seinem ersten Drama Demetruis bereits dem Theater zu und die kurz darauffolgenden Stücke Ollapotrida (1926) und Österreichische Komödie (1927) bringen ihm bereits großen Erfolg und den renommierten Kleist-Preis ein. 1928 veröffentlicht er mit Stefan Zweig unter dem Pseudonym „Clemes Neydisser“ das Stück Gelegenheit macht Liebe (auch: Quiproquo). Mit dem Kollegen Ödön von Horváth verbindet ihn eine Freundschaft und auch mit Carl Zuckmayer steht er in regem Briefkontakt. 

Lernet-Holenia nimmt auch am Zweiten Weltkrieg teil, jedoch nur kurz – nach einer Verletzung während des Polenfeldzugs, kommt er nach Berlin und ihm wird ein Posten bei der Heeresfilmstelle angeboten. Die Zeit des Nationalsozialismus und Lernet-Holenias Stellung zum Dritten Reich ist viel diskutiert und lässt bis heute kein eindeutiges Bild zu, sondern ist von Widersprüchen geprägt: Einerseits Mitglied der Heeresfilmstelle als Chefdramaturg, befreundet mit dem antisemitisch eingestellten Schauspieler Werner Kraus und einer der bestverdienenden Autoren des Dritten Reiches – andererseits wurden bei der Bücherverbrennung auch Werke von ihm verbrannt, später verboten und Zitate von ihm sowohl von 1933 – wo er in einem Brief an Gottfried Benn schreibt: „Ein Volk, das seinen Dichtern nur dann einen Rang einräumt, wenn sie ihm passen, wird keine Dichter mehr hervorbringen.“ – also auch 1945 („In der Tat brauchen wir nur dort fortzusetzen, wo uns die Träume eines Irren unterbrochen haben.“) sprechen eine andere Sprache. Mit letzterem Zitat wird er gar als „Symbolfigur des literarischen Wiederaufbaus“ in Österreich bezeichnet (vgl. Austria-Forum).

Besonders in der Nachkriegszeit wird Lernet-Holenia zu einer der größten Persönlichkeiten im literarischen Leben Österreichs. Er setzt sich als einer der ersten Autoren in einigen Texten mit dem Dritten Reich auseinander, nicht nur in der Erzählprosa (Der Graf von Saint-Germain, 1948; Der Graf Luna, 1955), sondern auch in der Elegie Germanien (1946), die sich explizit der Schuldfrage annimmt. Darin heißt es:

„Schiebt nicht die Schuld auf andre, – die Schuld
Und alles andre Schuldsein! (…)
Wenn, was von den Größten einer tut, 
auch ihr getan habt, habt ihr auch getan, 
was der Geringsten einer tut im Volk.
Sagt nicht: Nicht ich war’s, – der! Nicht ich war’s, – die!
Wenn man die Schuld euch allen auflädt, tragt
Sie denn auch allesamt! Ich wälzt ja doch 
Nicht mehr vom Einzelnen, was alle trifft.
Es geht der Welt nicht mehr um Einzelne.
Wenn man euch zählt, so zählt nicht hintendrein,
wenn man euch wägt, so wägt nicht nach. Wenn man
euch richtet, richtet nicht… Denn was ist Schuld!
Weil keiner sich von allen gegen die 
gemeinsame, die ungeheure, 
erhob, war jederschuldig. Beugt euch denn
und tragt es alle! Trägt nicht jeder, weil
er sie nicht tragen will, die ganze Last?
Nur wer ihr nicht entgehn will, trägt sie leicht.“

(Lernet-Holenia: Fragmente aus verlorenen Sommern. Gedichte, S.57)

 

1951 erhält er den Würdigungspreis der Stadt Wien für Literatur, 1957 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und 1961 den Großen Österreichischen Staatspreis des Bundesministeriums für Literatur. 1969 wird er zum Präsidenten des österreichischen PEN-Klubs gewählt – ein Amt, das er 1972 aus Protest gegen die Verleihung des Nobelpreises an den vermeintlichen RAF-Sympathisanten Heinrich Böll niederlegt.

Am 3. Juli 1976 stirbt Alexander Lernet-Holenia in Wien. 

 

Text: Veronika Firmenich

  • www.lernetholenia.com
  • Lernet-Holenia, Alexander: Fragmente aus verlorenen Sommern. Gedichte. Ausgewählt und mit einem Nachwort von Rüdiger Görner, Wien: Zsolnay 2001.
  • Hübel, Thomas / Müller, Manfred / Sommer, Gerald (Hrsg.): Alexander LernetHolenia. Resignation und Rebellion. „Bin ich denn wirklich, was ihr einst wart?“ Beiträge des Wiener Symposions zum 100. Geburtstag des Dichters. Riverside: Ariadne Press 2005. 
  • Pott, Peter: Alexander LernetHolenia. Gestalt, dramatisches Werk und Bühnengeschichte. Wien: UniversitätsVerlagsbuchhandlung 1972. 

Nächste Vorstellungen

Keine aktuellen Termine verfügbar

Zurück zur Übersicht